Wie mache ich mir das Leben leicht! Heute: Der Berufungsrichter

by RAKirschbaum on

Justizpalast Nürnberg

Justizpalast Nürnberg

Ok, ok, streng genommen müsste es heißen „die Berufungsrichter“, ich weiß. Neben dem Berufsrichter sitzen da ja auch noch zwei Laienrichter, sog. Schöffen. Um die geht es aber nicht. Denn die sind – so zumindest die graue Theorie -vollkommen unvorbereitet, will nicht sagen unbedarft, vor einer etwaigen mündlichen Verhandlung.

Und wenn man sich das Leben so richtig leicht machen will, dann lässt man es am besten gar nicht erst zu einer mündlichen Verhandlung kommen.

Ich fange mal vorne an:

Es gibt einen Mandanten, der hat in Deutschland seine Fahrerlaubnis abgeben müssen, Anfang der 1990er Jahre. Mittlerweile lebt der Mandant nicht mehr im Land, sondern in einem sog. Drittland (nicht EU). Da hat er eine Fahrerlaubnis. Nun kommt er ein, zwei Mal im Jahr nach D, beruflich. Zugegeben, so oft wie der in „allgemeine Verkehrskontrollen“ gerät, bin ich in 20 Führerscheinjahren noch nicht geraten. Nun ja, es gibt immer die gleichen Scherereien.

Kurzum: letzte Verurteilung: 7 Monate ohne wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, beim beratungsresistenten Amtsgericht. Mit Haftbefehl, weil der Mandant zweimal nicht erschien.

Der Haftbefehl wurde aber nach der Verkündung nicht aufgehoben, Mandant könnte ja fliehen.

Also Berufung und Haftbeschwerde.

Jetzt kommt’s!

Am Donnerstag, den 14. Juli 2016 macht das LG Nürnberg folgendes:

  1. Haftverschonungsbeschluß mit den Auflagen:
    1. Meldeadresse ca. 400 km entfernt von der JVA
    2. Meldeauflage (einmal wöchentlich) bei der zuständigen Polizei
    3. Gerichtlichen Ladungen Folge leisten
  2. Diesen faxt das Gericht dann munter in der Weltgeschichte rum.
    1. an die JVA
    2. an die zuständige Polizeidienststelle zu Überwachung der Meldeauflage
    3. den Verteidiger
  3. Letzterer freut sich, über die Reaktion der Polizei ist nichts bekannt, die JVA entlässt den Mandanten. Ausweislich Entlassprotokoll : 15:56 Uhr
  4. LG Nürnberg macht aber weiter! Ladung per Postzustellungsurkunde an die Meldeadresse aus dem Haftverschonungsbeschluss geht ebenfalls raus…

Es geschieht, was geschehen muss. Der Mandant versucht irgendwie zu Meldeadresse zu gelangen (Auto fahren ist ja keine Option) und es gelingt ihm auch. Allerdings nicht mehr am 14. Juli 2016, sondern am 16. Juli 2016, einem  Samstag. Da ist mit der Meldung beim Einwohnermeldeamt „schwierig“.

Wer war schneller? Richtig, der Postzusteller. Der vermerkt, dass der Adressat nicht zu ermitteln sei, die Ladung geht zurück zum LG Nürnberg.

Der Richter ist empört, macht aber keinerlei Anstalten mal irgendwas zu ermitteln, sondern lädt den Beschuldigten öffentlich, über Aushang im Gericht!

Was kommt? Naja, alles mögliche, nur nicht der Mandant zur Berufungsverhandlung.

Nicht unerwähnt bleiben darf, dass das Gericht den Saal mit 15 Minuten Verspätung betritt. Warum? Ganz einfach: eine Viertelstunde wird immer gewartet, wenn Prozessbeteiligte nicht pünktlich erscheinen. Höflichkeit, und so. Offensichtlich ahnte das Gericht aber hier etwas, da es nicht um 14:30 Uhr den Saal betrat, feststellte, dass der Angeklagte nicht erschienen war, den Saal wieder verließ und um 14:45 Uhr erneut betrat, sondern, wie geschrieben, gleich um 14:45 Ur erstmalig erschien.

Der Herr Berufsrichter ist ganz verwundert, dass der Angeklagte nicht erschienen sei, damit habe er nun nicht gerechnet. Eine Frechheit? Ich finde schon.

Wie ging’s dann weiter? Das Gericht verwirft die Berufung nach § 329 StPO.

Und zack, Akte vom Tisch, kein Urteil schreiben müssen, früher Feierabend und dem „blöden Preußen mal gezeigt wie man das in Bayern so macht“ (Kein Zitat, lediglich die Wiedergabe der Gedanken des Verfassers)

Der Mandant fällt aus allen Wolken, als sein Verteidiger ihm diesen Gang der Geschehnisse skizziert, hilft ihm jetzt aber auch nicht weiter.

Zu Ende ist die Sache noch nicht, Wiedereinsetzungsantrag und Revision laufen. Werde weiter berichten.

Kleine Anekdote am Rande, darf nicht unerwähnt bleiben: Mandant meldet sich immer noch einmal in der Woche bei der Polizei….

 

In diesem Sinne…

Written by: RAKirschbaum

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