Frohes Fest (gehabt zu haben)!
Da geht man als pflichtbewusster, junger, dynamischer Strafverteidiger, wie selbstverständlich, auch „zwischen den Jahren“ ins Büro. Man will sich ja nichts zu Schulden kommen lassen und die Post soll abgearbeitet werden, der Schreibtisch soll leer ins neue Jahr (klappt eh nicht, wissen alle).
Da findet sich ein Brief meiner Rechtanwaltskammer, also nicht nur einer, aber mindestens einer der mein Blut in Wallungen bringt und dafür Sorge trägt, dass mein Ruhepuls sich beschleunigt (möglicherweise sollte ich der Kammer dafür auch noch dankbar sein, quasi für „Sitztraining“ gegen die Weihnachtsleckereien).
Meine Kammer teilt mir folgendes mit:
„Umlagebescheid (beA) 2016
Sehr geehrter Herr Kollege Kirschbaum,
die Kammerversammlung hat am 22. April 2015 beschlossen:
Die Umlage zur Finanzierung des Elektronischen Rechtsverkehrs für 2016
beträgt 67,00 EUR.
Die Umlage wird gemäß des erteilten SEPA-Lastschriftmandates von Ihrem bisher mitgeteilten
Konto mit der Mandatsreferenz XXXXXX-XXXXXX-XXXXXXXXXX am 4. Bankarbeitstag nach dem Fälligkeitszeitpunkt (Fälligkeit: 1. Werktag eines jeden Kalenderjahres (§ 3 Umlageordnung)) abgebucht.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen“
Was will uns der Künstler damit sagen?
Das beA, das besondere elektronische Anwaltspostfach, definiert sich wie folgt:
Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ermöglicht Rechtsanwälten die sichere elektronische Kommunikation mit der Justiz und untereinander. Ab dem 1. Januar 2016 wird jeder in Deutschland zugelassene Rechtsanwalt über ein solches elektronisches Postfach erreichbar sein. Rechtliche Grundlage für das beA ist das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (ERV-Gesetz).
Klingt gut, stimmt aber nicht! Denn:
Zum 01.01.2016 sollte jeder in der Bundesrepublik zugelassene Rechtsanwalt ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach erhalten. Mit der Entwicklung dieser Postfächer wurde 2013 die Bundesrechtsanwaltskammer betraut.
In den Tests der letzten Wochen hat sich gezeigt, dass die Qualität des beA noch nicht den Erwartungen der BRAK entspricht. Das Präsidium der BRAK hat deshalb beschlossen, den Start des beA zu verschieben und die Postfächer erst dann zur Verfügung zu stellen, wenn sichergestellt ist, dass alle vorgesehenen Funktionen verlässlich zur Verfügung stehen.
Die BRAK führt jetzt mit Atos, dem mit der Entwicklung des beA beauftragten Unternehmen, Gespräche, um festzulegen, bis zu welchem Termin alle notwendigen Tests und ggf. erforderliche Nachbesserungsarbeiten durchgeführt und abgeschlossen werden können. Der neue Starttermin wird auf der speziell zum beA eingerichteten Internetseite http://bea.brak.deveröffentlicht.
Also, wir, die Anwälte, zahlen ab sofort für etwas, was nicht kommt, zumindest erstmal nicht, zumindest, für etwas von dem keiner so genau weiß, wann es kommt. Dass die Anwaltschaft, die Teile mit denen ich mich unterhalten habe, von der Nummer mit der Verschiebung nur aus der Presse erfahren habe, mal ganz zu schweigen.
Auch nicht erwähnt sei an dieser Stelle, dass das beA eine „leistungsfähige Internetverbindung“ benötigt:
Zunächst einmal wird ein Computer mit leistungsfähiger Internetanbindung benötigt. Der PC sollte dabei einen Arbeitsspeicher von mindestens 512 MB RAM und einen AMD- oder Intel-Prozessor besitzen. Auf dem Computer muss eines der aktuellen gängigen Betriebssysteme installiert sein: Windows, Mac OS oder Linux.
Um den schnellen und reibungslosen Up- und Download von Nachrichten und Anhängen zu gewährleisten, ist eine leistungsfähige Internetverbindung erforderlich. Es sollte eine Datenrate von mindestens 2 Mbit/Sekunde zur Verfügung stehen, empfohlen wird eine Datenübertragungsrate von 6 Mbit/Sekunde. Abhängig von der Art und Weise der individuellen Nutzung ist dabei nicht nur auf die Download-, sondern auch auf die Uploadrate, das heißt, die Bandbreite, die für den Versand von Daten zur Verfügung steht, zu achten. Bei den derzeitigen Angeboten besteht in der Regel eine große Differenz zwischen der Down- und Uploadrate, bitte erkundigen Sie sich dazu bei Ihrem Telekommunikationsdiensteanbieter.
Da eine Datenrate von 2 Mbit/Sekunde leider noch nicht überall in Deutschland verfügbar ist, wurde der rechtliche Rahmen im ERV-Gesetz so gestaltet, dass bei nachgewiesener Unmöglichkeit einer elektronischen Übersendung zum Gericht auch ein konventioneller Versand möglich sein wird. Dennoch ist dieser Zustand unbefriedigend: Die BRAK wird sich deshalb auf allen politischen Kanälen für einen zügigen Ausbau des Breitbandnetzes einsetzen. Immerhin haben die Regierungsfraktionen in ihrer Koalitionsvereinbarung von 2013 versprochen, dass es bis 2018 in Deutschland eine flächendeckende Grundversorgung mit mindestens 50 Mbit/Sekunde geben soll.
Man, da bin ich aber froh, dass die Regierungsfraktionen „versprochen“ haben, dass es in 2018 in Deutschland endlich flächendeckend schnelles Internet geben soll. Wenn das genauso gut klappt wie mit dem beA, ist ja alles geritzt!
Auch gut, dass ich nicht auf dem Land in einem mittelalterlichen Städtchen sitze, in dem selbst der T-Punkt nur eine 3 Mbit/s-Leitung hat.
Alles gut, mache ich mir mal keine Sorgen, Politiker halten ihre Versprechungen ja immer, genauso wie Ehrenwörter….
Was heißt das denn jetzt eigentlich?
Ich zahle 67,00€ und habe was jetzt genau davon?
Nichts, also noch nichts! Vorschlag, ich zahle erst, wenn ich was kriege. Ach ne, ist ja kein Vertrag, ist ja eine Satzung. Machste nüscht, guckste nur….
Aber, was reg‘ ich mich auf?
In diesem Sinne…
2 Comments
Guten Tag Herr Kollege,
… und die Kammer als unsere Interessenvertretung (?) akzeptiert kommentarlos den Mehrpreis, sie kann ihn ja einfach umlegen … Aber auch die Kammer bekommt keine Leistung!
MfkG
Spark
Rechtsanwätin
[…] Das beA (besondere elektronische Anwaltspostfach) kommt. Keiner weiß wann, keiner weiß wie, aber alle dürfen bezahlen. Einmal hab ich mir schon mit „therapeutischem Bloggen“ beholfen. Hier! […]